Groß-Peterwitz auf Ansichtskarten

Ansichtskarten werden genutzt um der Familie, Bekannten und Freunden ein Lebenszeichen von unseren Reisen zu schicken und bei dieser Gelegenheit auch die Schönheiten der Gegend zu zeigen, in der wir uns befinden. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jh. sind die ersten Ansichtskarten herausgegeben worden. Das größte Aufblühen erlebten die populären Postkarten in den Jahren 1895-1915. Es sollte nicht wundern, dass viele Leute schöne Ansichten sammelten. Mit der Zeit verbreitete sich das Sammeln zu solch einer Leidenschaft, wie z.B. das Briefmarken- oder Münzensammeln. Die Ansichtskartensammler werden "Philokartisten" genannt.

Es soll nicht wundern, dass auch Gr.-Peterwitz auf Postkarten gezeigt wurde. Die erste bekannte Ansichtskarte unseres Heimatdorfes stammt zumindest aus dem Jahre 1898. Damals gab es noch keine technischen Möglichkeiten Fotografien in guter Qualität zu drucken. Diese erste Postkarte wurde von Ottmar Zieler, München als farbige Lithographie (sog. Steindruck) herausgegeben. Das Jahr der Herausgabe ist nicht bekannt. Die Karte wurde schon auf der Vorderseite vom Absender beschriftet: "Ratibor, am 14.11.1898 Hier beim Direktor dieser Zuckerfabrik, Vater einer Pensionärin, welcher auch Stunden gebe, habe ich den gestrigen Sonntag mit Spielen zugebracht. Es sind sehr nette, liebe Leute, er ein musikalisches Genie und wir verstanden uns ausgezeichnet. ich habe sogar Lust zum Üben bekommen…". Auf der Karte, mit "GRUSS aus Gr.Peterwitz. O./S." beschriftet, ist eine Dorfansicht über die Zinna dargestellt. Zu sehen ist (von links) ein Fabrikgebäude (Malzfabrik?), die "neue" Schule, der Bahnhof; die Kirche, sowie einige weitere Bebauungen. Außerdem wurde die Zuckerfabrik (die spätere Flachsfabrik) mit rauchendem Schornstein gezeigt (Abb. 01)zeige.

Als nächste ist gewiss die Postkarte (etwa zum Anfang des 20. Jh. herausgegeben), auf der vier Fotografien verschiedener Dorfansichten gezeigt wurden: die Zuckerfabrik, die "neue" Schule (eigentlich die einzige bekannte Ansichtskarte, auf der das Schulgebäude zu sehen ist), die Kirch von Westen gesehen und der Bahnhof mit den Bahnsteigen (Abb. 05)zeige.

Die oben erwähnte, wie auch die weiter beschriebenen Postkarten, sind grundsätzlich Zusammenstellungen mehrerer Fotos. Am Anfang der 20. Jahre des 20. Jh. sind sieben Ansichtskarten herausgegeben worden. Als Besonderheit ist zu unterstreichen, dass auf jeder dieser Postkarten lediglich ein einziges Foto gezeigt wurde. Und was außerdem als wichtig anzusehen ist: die erwähnten sieben Karten wurden von einem Gr.-Peterwitzer Fotografen aufgenommen und von ihm verlegt. Es geht um Rudolf Mutke (1878-1949), den die etwas "reiferen" Peterwitzer als Fleischbeschauer kannten. Rudolf Mutke war von Beruf Bäckermeister und übernahm die Bäckerei seines Vaters auf der Ratiborer Str. 151, die er bedeutend erweiterte und mit Hilfe seiner sehr tüchtigen Frau Bertha das größte Lebensmittelgeschäft im Dorf errichtete. Später wurde noch eine Tankstelle "Standard" angelegt (siehe auch Abb. 60). Aus gesundheitlichen Gründen (Folgen des I. Weltkriegs) zog sich Rudolf Mutke aus der Bäckerei zurück und wurde der erste Fotograf mit eigenem "Atelier" im Dorf (in einigen Peterwitzer Familien sollten sich noch Porträts befinden, die anlässlich der Erstkommunion oder Hochzeit von R. Mutke aufgenommen wurden - diese Fotos sind, wie es damals üblich war, auf einem entsprechend bedruckten Karton aufgeklebt). Spater wurde Rudolf Mutke Fleischbeschauer. Den jüngeren Peterwitzern sollte gesagt werden, dass in Mutkes Anwesen in den 60. Jahren die Maßschneiderwerkstatt der SPK "Jednosc" eingerichtet wurde; heute befindet sich dort die Begegnungsstätte des DFK (ul. 1 Maja 34).

Ein Jahresdatum der Herausgabe der Karten ist nicht angegeben worden. Die Fotos mussten jedoch zum Anfang der 20. Jahre des 20. Jh. gemacht worden sein, was daraus zu entnehmen ist, dass die Maste der elektrischen Leitung (1922) schon stehen, jedoch die Anschlüsse zu den Häusern noch ziemlich selten sind; auch der Widonsch-Graben ist noch offen, da auf der Abb. 10 weiterhin die hohen Steine des Geländers zu sehen sind, die vor Gasthaus Neumann die Straße vom Graben schützten. Die einzelnen Postkarten sind auf der Rückseite mit dem Aufdruck "Rudolf Mutke, GroßPeterwitz O.-S., Kr. Ratibor" sowie einer Nummer versehen, haben auch einen Aufdruck auf der Vorderseite, und stellen folgendes dar:

1. "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor - Am Postamt" Nr. 12246 - die Ratiborer Str. mit dem Postgebäude (Abb. 10). Weiter rechts ist die Bäckerei Valentin Steuer (Johannesstr. 164 - ul. Wyzwolenia 1) zu sehen und davor die Steine des hohen Geländers am Widonsch-Graben. Daneben die Kirche und rechts das Gasthaus Gotzmann, später Jockel.

2. "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor - Am Postamt" Nr. 12246 - die selbe Ansicht wie unter 1 - jedoch koloriert (Abb. 11).

3. "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor - Bahnhof" - eine kolorierte Ansicht des Bahnhofs mit den Bahnsteigen (Abb. 12). Es ist anzunehmen, dass diese Postkarte auch schwarz-weiß herausgegeben wurde.
4. "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor Ratiborer Straße" Nr. 12244 - zeigt die Ratiborer Str. von der Kirche aus nach Westen (Abb. 13), links mit dem hohen Schutzgeländer und der Warenhandlung Marie Philippczik (Nr. 156, jetzt Schatke-Zuber, ul. Maja 26), rechts der Bauernhof Skerhut ("Masosch", Nr. 57), daneben das Haus Tzieply ("Blaschek") dessen Dach noch mit Stroh gedeckt ist.

5. "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor, Ratiborer-Straße" Nr. 12244 - wie unter 4, jedoch koloriert (Abb. 14).

6. "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor, Ratiborer-Straße" Nr. 12243 - es handelt sich hier jedoch um die Leobschützer Str. nach Osten gesehen (Abb. 15), da links das Haus Anton Mludek ("Kaffka" Nr. 77) zu sehen ist; daneben die Gastwirtschaft Maria Mludek ("Marika Schenkerka").

7. "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor, Hioptische Straße" Nr. 12242 - es geht natürlich um die "Leobschützer Straße" mit der Sicht nach Westen. Links Schneider Dürschlag (Nr. 119 - ul. 1 Maja 64); rechts Bauer Pientka ("Wrana" - Nr. 87, ul. 1 Maja 79) mit fränkischer Hofeinfahrt (Abb. 16).

Zum Ende der 20. Jahre sind noch weitere Postkarten herausgegeben worden. Eine zeigt - viergeteilt: den Bahnhof mit den Gleisen, Bäckerei Kubitta (Kornitzer Str. 13 a - ul. I Armii 5), die Kirche von Nordosten und das Postamt (Abb. 20).

Nach 1928, dem Baujahr des Jugendheimes, entstand die Ansichtskarte mit der Apotheke neben der Kirche (jetzt Friseur), Postamt, Jugendheim und Kriegerdenkmal mit (links) dem Gemeindeamt und Spritzenhaus und (rechts) Bäckerei Steuer (Abb. 25).

Eine Seltenheit ist die Ansichtskarte "Gruß aus Gr. Peterwitz, Krs. Ratibor - Hubertushaus". Sie zeigt zwei Ansichten der sog. "Villa", Fabrikstr. 334 c (vor der Malzfabrik - nach 1950 - "Paged"). Das Haus, letztens von Steuerberater Ludwig Regulla, bewohnt, ist 1945 abgebrannt. Herausgeber ist "Alfr. Schiersch, Photogr., Ratibor", jedoch ohne Jahresangabe (Abb. 30).

Gegen 1930 ist von "Verlag: Max Kiehl, Photograph, Ratibor O/Schles." ein vollformatige Ansicht mit der Kirche von Osten herausgebracht worden (Abb. 40). Links ist das Küsterhaus zu sehen, weiter die Kirche mit der Friedhofskapelle, die während des Umbaus der Kirche von 1935 abgebrochen wurde; rechts Schlosserei Adolf Skerhut (Ratiborer Str. 48) und Bauernhof Rudolf Skerhut ("Bainka").

Im Jahre 1935 wurde die Pfarrkirche bedeutend erweitert. Die alte Kirche hatte lediglich ein Hauptschiff, an welches der Chorraum angebaut war. Nach einem Entwurf des Architekten Theodor Ehl, Beuthen, ist der Chorraum der alten Kirche "abgesägt" worden; an dessen Stelle entstand das große Querschiff mit dem, von Osten angebauten, bedeutend größeren Chorraum. Eine gute Ansicht der umgebauten Kirche von der Südseite zeigt die Postkarte "Pfarrkirche zu Groß-Peterwitz" von "Aufnahme und Verlag Walter Lahsotta, Gleiwitz/O.-S., Kronprinzenstraße 12, III", jedoch ohne Jahresangabe. Der untere Teil der Ansichtskarte zeigt den Hochaltar und den Chorraum (Abb. 45).

Es sollte auch noch die eine, der weniger bekannten Ansichtskarten der Kreuzkirche erwähnt werden. Herausgeber und Datum sind nicht angegeben. Beschriftet ist die Karte mit: "Kreuzkirchel bei Gr. Peterwitz, O.-S." und zeigt den Hochaltar, die Brunnenkapelle und eine Außenansicht von Südwesten während einer Andacht (Abb. 50).

Aus den 30. Jahren stammen drei Ansichtskarten, von "R. Walla, Ansichtspostkarten-Verlag, Cosel, O.-S." herausgebracht und mit "Groß-Peterwitz, Krs. Ratibor" beschriftet. Der Herausgeber sparte an Kosten und brachte auf allen drei Karten die selben Fotos des Bahnhofs von der Straße gesehen, sowie eine "Partie am Bach". Auf dem Foto mit dem Bahnhof ist die Zapfsäule der Tankstelle SHELL und rechts etwas besonderes zu sehen - ein Kuhgespann! Außer diesen Ansichten wird noch gezeigt: die Flachsfabrik und "Große Seite" mit der Bäckerei Mutke und der STANDARD-Tankstelle (Abb. 60); die Flachsfabrik (jedoch eine andere Ansicht, wie auf Abb. 60) und die Zinnabrücke mit dem Bahnhof im Hintergrund (Abb. 61). Auf der dritten Postkarte wird ein retuschiertes Foto der Pfarrkirche gezeigt, sowie "Bäckerei u. Warenhandlung A. Barucha" (Bernardstr. 187 - ul. Wyzwolenia), 1945 abgebrannt (Abb. 62).

Die Ansichtskarte der Vorderseite des Bahnhofs und der "Julius Gotzmann Brot- und Feinbäckerei" (jetzt Kaffee "Karina") ist unbekannter Herkunft (Abb. 65). Das Foto ist jedoch mit den Ansichten auf Abb. 60-62 nicht identisch, der Ölspender steht hier rechts von der Benzinzapfsäule.

Ebenso unbekannter Herkunft ist die Ansicht der Ratiborer Straße nach Osten zur Kirche. Links der Bauernhof Klemenz (Nr. 60), jetzt Janik (ul. 1 Maja 43), rechts Warenhandlung Philippczik jetzt Schattke-Zuber (Abb. 67).

Und zum Abschluss noch der Teil einer Ansichtskarte mit der Beschriftung "Groß-Peterwitz Kr. Ratibor - O.-S. Kriegerdenkmal" unbekannter Herkunft. Außer dem Kriegerdenkmal, das den Gefallenen des I. Weltkriegs gewidmet war (und in den 60. Jahren abgebrochen wurde), ist links das Gemeindeamt mit dem Spritzenhaus und rechts Bäckerei Steuer zu sehen (Abb. 70).

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Der Bischof von Olmütz, Bruno von Schaumburg-Hollstein (1245-81) verfasste am 29. November 1267 ein Testament, in dem unser Dorf mit der Bezeichnung "Petrowiz", unweit von "Keytser" (Katscher) gelegen, das erste Mal geschichtlich erwähnt wird. Gr.-Peterwitz konnte also 1992 sein 725-jähriges Bestehen feiern. Aus diesem Anlass sind 1993 von der Gemeindeverwaltung vier Ansichtskarten bestellt worden. Die Fotos wurden von den bekannten Ratiborer Fotografen Marek Krakowski und Boleslaw Stachow angefertigt. Herausgeber war "Wydawnictwo "Libra", Racibórz". Die Postkarten enthalten von 3 bis 6 verschiedene Ansichten und sind polnisch, deutsch und tschechisch entsprechend beschriftet.

Auf der ersten Ansichtskarte werden die Pfarr- und die Kreuzkirche, sowie sakrale Skulpturen: hl. Johannes von Nepomuk am Anfang der Johannesstraße (ul. Wyzwolenia) neben dem "Widonsch", die Auferstehungsfigur aus dem Fenster des Hauses Machnik (Ratiborer Str. 61 - ul. 1 Maja 45), sowie der hl. Johannes von Nepomuk und der hl. Florian an der Umfriedung der Pfarrkirche gezeigt.
Eine zweite Postkarte enthält typische Bebauungen unseres Dorfes: das Jugendheim (jetzt Bank Spóldzielczy), den Gotzmann-Rzehorzek-Hof, das Wieder-Matulla-Haus (Leobschützer Str. 73) mit dem Mludek-Zyglorz-Hof sowie die Ratiborer Straße mit dem schon erwähnten Machnik-Hof.

Die nächste Ansichtskarte zeigt drei Fotos vom Osterreiten: die Ratiborer Straße in Richtung Kirche, die Ratscher Straße mit der Wollnik-Kapelle und die Kreuzkirche.

Das vierte Foto ist der Großgemeinde Gr.-Peterwitz gewidmet und zeigt das Gemeindeamt (ehemalige Schule, früher Schloss), einen Mähdrescher "in Aktion", die neue Siedlung an der Kornitzer Str. (ul. I Armii) über einen der Kornitzer Teiche gesehen, sowie das Schloss in Preußisch-Krawarn (Krowiarki).

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Meinen besonderen Dank möchte ich meinem Heimatfreund Hubertus Neumann, Heilsbronn aussprechen, der einige der Ansichtskarten zur Verfügung stellte.

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Vielleicht könnten unsere "www.Korrespondenten" diese Übersicht der Postkarten von Gr.-Peterwitz bereichern? Schon im Voraus unser herzlicher Dank.

P. Newerla

Ratibor, im Februar 2002